Volksinitiative - Volksbegehren - Volksentscheid
In allen deutschen Bundesländern ist eine Form direkter Demokratie als ein dreistufiges Verfahren gesetzlich geregelt, allerdings nicht überall gleichlautend oder mit gleichen Regeln versehen. In Nordrhein-Westfalen sind in den Artikeln 67, 68 und 69 der Landesverfassung die grundlegenden Regeln zur Volksinitiative, zum Volksbegehren, zum Volksentscheid verankert. Näheres dazu ist im Gesetz über das Verfahren bei Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid und einer Durchführungsverordnung zu diesem Gesetz bestimmt.
Volksinitiative | Volksbegehren | Volksentscheid |
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Thema auf Agenda setzen | Gesetz als Ziel | Volk statt Parlament |
Ziel: Befassung des Landtags mit einem politischen Sachthema oder Gesetzentwurf | Ziel: Erlass, Aufhebung oder Änderung eines Gesetzes | Ziel: Abstimmung über ein vom Landtag nicht verabschiedetes Gesetz |
Voraussetzung: Unterzeichnung durch mindestens 0,5 Prozent der stimmberechtigten Deutschen in NRW (ca. 66.000 Unterschriften) | Voraussatzung: Unterzeichnung durch mindestens 8 Prozent der stimmberechtigten in NRW (ca. 1 Millionen Unterschriften)
| Voraussetzung: Mehrheit der abgegebenen Stimmen. die mindestens 15 Prozent der Zahl der Stimmberechtigten (ca. 2 Millionen Unterschriften) betragen muss |
Volksbegehren "Abitur nach 13 Jahren an Gymnasien: Mehr Zeit für gute Bildung"
In Nordrhein-Westfalen fand im Jahr 2017 das Volksbegehren "G9 jetzt!" statt. Vorausgegangen war eine Volksinitiative von April 2014 bis April 2015, wodurch eine Entscheidung zur Frage der "Wiedereinführung des Abiturabschlusses nach 9 Jahren" von den parlamentarischen Gremien erreicht wurde. Die notwendige Zahl von 66.322 Unterschriften wurde mit über 99.000 deutlich übertroffen. Nach Anhörung im "Ausschuss für Schule und Weiterbildung" wurde die Volksinitiative am 24.06.2015 abgelehnt. Nunmehr wurde ein Volksbegehren angestrengt. Die notwendigen über 3.000 Unterschriften für den Zulassungsantrag wurden von den Initiatoren gesammelt und eingereicht. Die Landesregierung hat daraufhin durch Kabinettsbeschluss vom 13.12.2016 die amtliche Listenauslegung und die parallele Durchführung einer freien Unterschriftensammlung für das Volksbegehren "G9 jetzt!" zugelassen. Erst jetzt begann das eigentliche Sammeln der Unterstützungsunterschriften. Das notwendige Quorum (die notwendige Zahl der gültigen Unterschriften), um das Volksbegehren erfolgreich zu beenden, ist bei 8 % der stimmberechtigten einer Landtagswahl erfüllt. Auf der Basis der Landtagswahl 2012 waren demnach 1.060.963 Unterschriften für das Volksbegehren erforderlich.
Die Sammlung von Unterschriften für das Volksbegehren wurde von den Initiatoren auf zwei Arten betrieben. Bei der Listenauslegung wurden Eintragungslisten bei allen Stadt- und Gemeindeverwaltungen vorgehalten und ausgelegt, in denen sich die Bürgerinnen und Bürger eintragen konnten, um damit das Volksbegehren zu unterstützen. Die Auslegung der Eintragungslisten in allen 396 Gemeinden des Landes erfolgte über 18 Wochen vom 02.02. - 07.06.2017. Voraussetzung dafür war, dass sie für den Landtag wahlberechtigt sind oder bis zum Ende der Eintragungszeit wahlberechtigt werden. An den Sonntagen 19.02., 26.03., 30.04. und 28.05.2017 waren die Gemeinde- und Stadtverwaltungen zusätzlich je vier Stunden geöffnet. Zusätzlich zur Listenauslegung wurde eine freie Unterschriftensammlung beantragt und genehmigt. Es konnten vom 02.02.2017 bis ursprünglich zum 04.01.2018 in Fußgängerzonen, auf Festen und an allen anderen Orten Unterschriften für das Volksbegehren gesammelt werden. Mehrfacheintragungen waren nicht zulässig.
Das Volksbegehren "Abitur nach 13 Jahren an Gymnasien: Mehr Zeit für gute Bildung" ist von den Vertrauenspersonen Mitte Dezember 2017 mit sofortiger Wirkung beendet worden. Die freie Unterschriftensammlung wurde am 11.12.2017 eingestellt.
Sofern die Unterschriftensammlung erfolgreich abschlossen hätte, hätte die Landesregierung unter Darlegung ihres Standpunktes dem Landtag das Volksbegehren unterbreitet. Hätte der Landtag dem Volksbegehren dann nicht entsprochen (also das Schulgesetz im Sinne der Elterninitiative nicht geändert), wäre binnen 10 Wochen ein Volksentscheid herbeizuführen gewesen. Hierbei hätten die wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger mit "JA" oder "NEIN" über den dann zur Abstimmung stehenden Gesetzentwurf entschieden.